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Schreckensbilder aus den Vereinigten Staaten

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Platzhalter Bild von Wikimedia PantheraLeo1359531

Seit dreieinhalb Jahren ist Donald Trump jetzt Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und verfügt damit über immense persönliche Macht. Seit Anfang an ist klar, dass er kein Präsident des Friedens sein wird, dafür war sein Wahlkampf zu sehr auf Rassismus und Sexismus aufgebaut. Doch auch ich tat mich schwer, ihn mit Hitler zu vergleichen, einfach aus dem Grund, dass dieser Vergleich weniger wert ist, wenn man ihn zu häufig anwendet. Das ist jetzt vorbei.

Amerika erblüht im Faschismus

Durch die gesamte Schulzeit begleitet uns in Deutschland der Nationalsozialismus – wie er entstand, was geschah und wie es möglich war, dass Hitler eine Demokratie in eine Diktatur umwandelte. Nunja, wer ein anschauliches Beispiel haben möchte, der schaut bitte nach Amerika. Seit Jahren redet Trump von jeglicher negativer Presse als „Fake News“ und redet von den Medien als „Feinde des Volkes“. Diskreditierung nennt man das. Er sorgt dafür, dass das Vertrauen in die Medien sinkt, um seine Gefolgschaft von ihm abhängig zu machen. Diskreditierung und Schließung der freien Medien war auch einer der ersten Schritte der Nazis. Ein weiteres Merkmal faschistischer Staaten ist die Auswahl eines Feindbildes gegen das man hetzen kann. In Amerika sind es die friedlichen Demonstranten, die gegen die Polizeigewalt gegenüber schwarzen Amerikanern protestieren. Sie reihen sich ein in eine lange Reihe von öffentlichen Feindbildern. Muslime, Schwarze, Homosexuelle, Mexikaner. Irgendeiner von ihnen ist immer schuld. Dass die Überproportionalität schwarzer Kriminalität im Vergleich zu weißer Kriminalität im direkten Zusammenhang mit dem Mangel an gesellschaftlichen Chancen für Afroamerikaner steht, wird dabei gepflegt außer Acht gelassen.

Diese Bilder erschüttern die Welt

Ich sehe seit Tagen nichts anderes als Videos, auf denen Polizeibeamte auf friedliche Demonstranten beginnen einzuprügeln, sie mit Tränengas zu bewerfen oder sogar mit Gummigeschossen zu schießen. Das einzige, was dies unterbricht sind Videos , in denen sie Solidarität mit den Protesten vorgaukeln, nur um Augenzeugenberichten zufolge 20 Minuten später wieder damit beschäftigt zu sein, mit Tränengas zu werfen. Sogar ein Video in dem ein Polizeiauto ohne Rücksicht auf Verluste in eine Menschenmenge hinein fährt, kursiert im Internet. Und ich frage mich, was die Art von Gewalt rechtfertigt. Nehmen wir einmal an, es wären tatsächlich die Demonstranten gewesen, die für die eingeschlagenen Fenster bei Einkaufsläden zuständig waren (was durchaus umstritten, teilweise sogar widerlegt ist), wäre es dann gerechtfertigt gegen eine Gruppe von Menschen, darunter Kinder und beistehende Journalisten so gewalttätig vorzugehen? Was gibt einem Polizisten das Recht aus nächster Nähe einen unbewaffneten Menschen, sogar einer Journalistin mit einem Gummigeschoss ins Auge zu schießen? Jetzt kündigte Trump vor einigen Tagen an, das Militär gegen seine eigene Bevölkerung einzusetzen. Amerika ist schon für weniger in andere Staaten einmarschiert.

Die Demonstranten gegen den Rest

Aber es ist ja nicht nur die staatliche Seite, die gegen die Demonstranten kämpft. In Fishtown, Philadelphia, Pennsylvania tauchten Videos auf, die zeigen, wie eine Bürgerwehr weißer Amerikaner bewaffnet mit Schusswaffen und Baseballschlägern, Seite an Seite mit der Polizei – nach der Ausgangssperre – auf die Demonstranten losgingen. Wohlgemerkt, es wurden schon Journalisten angegriffen alleine dafür dass sie sich nach 19 Uhr außer Haus befanden. Erst eine Woche nach dem Tod George Floyds und nach andauernden Protesten äußerte sich der Pressesprecher der Bundesregierung Steffen Seibert zu der Thematik. Seine Aussagen… nunja, wie soll man es sagen, lassen zu wünschen übrig. Man verurteile den „vermeidbaren Tod“, man beobachte die Situation „genauestens“, aber man sehe keinen Grund weitere Schritte einzuleiten. Die amerikanische Demokratie sei eine starke Demokratie und der amerikanische Rechtsstaat werde sich der Sache annehmen… Keine Pointe. Ich meine, ja, das tut er. Jetzt. Nach einer Woche massiver Ausschreitung, weil Amerika lieber auf Demonstranten einprügeln möchte, als von vornherein vier Polizisten zu verhaften, die einen schwarzen Mann umgebracht haben. Von den zahlreichen weiteren Morden weißer Polizisten, die ungestraft ihre Arbeit weiter verrichten ganz zu schweigen. George Floyd, Tamir Rice, Michael Brown, Breonna Taylor… sie sind nur ein kleiner Teil derjenigen, die Opfer des amerikanischen „Rechtsstaates“ wurden.

Ein Grund zur Sorge?

Wir sehen in Amerika nicht mehr die Anfänge eines faschistischen Regimes, nein der erste Stein wurde allerspätestens unter Präsident Richard Nixon ins Rollen gebracht (Stichwort „Law and Order“-Kampagne). Und die Bundesregierung weigert sich, das Problem beim Namen zu nennen und zögert, den gewalttätigen Einsatz des militarisierten Polizeikomplexes zu verurteilen. Die Regierung eines Staates, in dessen Verfassung der Antifaschismus verankert ist, schweigt im Angesicht von waschechtem Faschismus. Ihr wollt etwas verändern? Sucht nach Organisationen, denen ihr spenden könntet. Beispiele wären zum Beispiel die Campaign Zero, die nach Wegen sucht Polizeigewalt durch gezielte politische Maßnahmen und eine verstärkte Kontrolle der Polizei zu bewältigen, oder das Black Visions Collective, das nach einem Langzeitwandel in der öffentlichen Wahrnehmung zum Thema Polizeigewalt und Racial Injustice strebt. Hört auf die Stimmen von Mitgliedern marginalisierter Bevölkerungsgruppen. Hört auf ihre Erfahrungen. Glaubt ihnen, wenn sie euch sagen, dass Rassismus auch in Deutschland ein riesiges Problem ist.

Ich habe Angst um die Welt in der wir leben. Ich habe Angst um Amerika. Ich habe Angst, vor dem was die Zukunft hält. Doch eins muss für immer feststehen.

Black Lives Matter.

Because All Lives Can’t Matter

Until Black Lives finally do.

Niklas Fechtmann